Nachrichten aus dem Kreisverband

Grüne, Frieden,Atomkraft und Kanzler

Dr.Peter Behnen

DR.PETER BEHNEN

DIE LINKE FREIBURG

 

DIE GRÜNEN, DER FRIEDEN, DIE ATOMKRAFT UND DER KANZLER (1)

Im Oktober fand der Parteitag der Grünen im World Conference Center Bonn statt. Es war das erste Treffen seit der Corona Pandemie, das nicht mehr digital, sondern als Präsenzveranstaltung abgehalten wurde. Im Zentrum der Debatten standen der Krieg in der Ukraine sowie die Energiepolitik und damit zusammenhängend die Atompolitik. Die Partei geriet dabei in ein Dilemma. Die Grünen, als ursprüngliche Friedenspartei, sprachen sich dabei mehrheitlich für mehr Waffenlieferungen an die Ukraine aus. Ein Versuch, zu Waffenstillstandsvereinbarungen in diesem Krieg zu kommen, stand nicht zur Diskussion. Ebenso gelang es auf dem Parteitag nicht, der Entscheidung, Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien zu tätigen, eine Absage zu erteilen.

Noch größer als in der Rüstungspolitik zeigte sich das Dilemma der Grünen in der Energiepolitik. Ursprünglich sollte am Ende des Jahres 2022 auch das Ende der Nutzung der Atomkraft gekommen sein. Die Partei stimmte nun für den Reservebetrieb der beiden süddeutschen Atomkraftwerke bis zum 15.4.23 und es sollten auch keine neuen Brennelemente mehr gekauft werden. Mit dem Beschluss des Parteitages war gleichzeitig ein Konflikt mit der FDP vorprogrammiert, die diese Position ablehnte. Sie plädierte für den Weiterbetrieb des Kernkraftwerks Emsland und wollte zudem alle drei Kernkraftwerke bis 2024 laufen lassen.

Insgesamt zog die Partei der Grünen ein positives Fazit der Ampelkoalition und verwies dabei auch auf die Nachfolge des 9-Euro-Tickets, den höheren Mindestlohn und die geplante Änderung im Einwanderungsrecht. Es gab allerdings auch Kritik von Sarah Lee Heinrich, der Vorsitzenden der Grünen Jugend, die forderte, die Schuldenbremse auszusetzen und stärker an die BezieherInnen kleiner Einkommen zu denken. Sie setzte sich für ein Mengen-Grundkontingent pro Haushalt beim Gas und eine rückwirkende Kompensation der steigenden Preise vor dem 1.März 1923 ein. Aus linker Sicht ist weiter zu kritisieren, dass man auf dem Parteitag zu wenig an Zeitdiagnose und Zukunftsperspektive gearbeitet hat und die Zumutungen der Ampelkoalition ohne große Konflikte durchgewunken wurden.

Wesentliche Beschlüsse des Parteitages wurden allerdings kurz darauf durch ein Machtwort des Kanzlers untergraben. Er ordnete den Weiterbetrieb von drei deutschen Kernkraftwerken bis April 2023 an ohne dass neue Brennstäbe gekauft werden sollen. Finanzminister Lindner begrüßte die Entscheidung und auch Wirtschaftsminister Habeck stimmte dem Machtwort des Kanzlers zu.

Das wirft die Frage auf, welchen Wert Parteitagsbeschlüsse der Grünen für die Regierungspolitik noch haben?

Das scheint auch der Grüne Jürgen Trittin zu meinen, wenn er bezweifelt, mit der FDP noch eine verlässliche Politik machen zu können und der Bruch der Koalitionsvereinbarungen auch noch vom Kanzler abgesegnet wird. Der ehemalige SPD-Vorsitzende Franz Müntefering sagte mal zur Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers bzw. der Bundeskanzlerin: „Wer das macht in einer Koalition der weiß, dass die Koalition zu Ende ist.“ Dem ist aus linker Sicht zuzustimmen, insbesondere deshalb, weil die Ampelkoalition weder in der Friedenspolitik noch in der Energiepolitik eine progressive Politik durchsetzen kann. Abgesehen davon fehlt die Einsicht in grundlegende Strukturzusammenhänge des Kapitalismus, die erst eine progressive Politik in der Wirtschafts-Beschäftigungspolitik und Sozialpolitik ermöglichen würde.

(1)Der Aufsatz basiert auf den Aufsätzen der Redaktion der Zeitschrift Sozialismus in Sozialismus aktuell vom 17.10.2022 und von Joachim Bischoff u.a. vom 19.10.22.