Nachrichten aus dem Kreisverband

Die Deckelung der Mieten

Dr.Peter Behnen

Die linke Senatorin für Stadtentwicklung in Berlin Katrin Lompscher hat einen Mietendeckel-Entwurf vorgelegt. An den politischen Reaktionen lässt sich schon jetzt erkennen, wer knallharte Interessenpolitik zugunsten von privaten Wohnungsbaugesellschaften, Immobilienfirmen und Wohnungseigentümern betreiben will und wer nicht. Während die Tageszeitung (TAZ) von einem wichtigen Signal der Senatorin spricht und Mely Kiyak in einer Kolumne der Zeit in dem Entwurf einen spektakulären Vorschlag sieht, der wirklich links ist, ist die Reaktion im Berliner Abgeordnetenhaus teilweise hysterisch. FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja will die „Sozialismusfantasien “des Senats beenden und twitterte:“ Die Linke brennt die Stadt nieder.“ Jan Mario Luczak, Mitglied der CDU-Fraktion im Bundestag, spricht der Senatorin den Rest von Verstand ab und selbst Stimmen aus der SPD und den Grünen sind in ihrer Bewertung des Entwurfes teilweise zurückhaltend. Es ist somit Aufgabe u.a. der Linken, eine klare Darstellung des aktuellen Wohnungsmarktes und auch des Entwurfes von Katrin Lompscher zu liefern.

 

Die in Berlin seit Jahren steigenden Mieten sollten nach einem Vorschlag der SPD fünf Jahre lang eingefroren werden. Inzwischen ist aber klar, dass die Idee der Mietdeckelung nicht ohne weiteres auf dem Konto der SPD verbucht werden kann. Der Entwurf von Katrin Lompscher geht noch weit über den SPD-Vorschlag hinaus. Höchstmieten sollen für alle Gebäude je nach Errichtungsjahr gelten. Die höchste Kaltmiete für zwischen 1991-2013 erbauten Wohnungen soll bei 7,97 Euro/pro qm liegen. Das bedeutet allerdings, dass Mietdeckelung laut Entwurf auch bedeutet, dass Mieten eventuell zu senken sind. Das bedeutet aber auch, dass die von der Linken unterstützte Idee, alle großen Wohnungsbau- und Immobilienfirmen in Berlin zu enteignen, vorerst vom Tisch ist. Andererseits enthält der Lompscher-Entwurf die Botschaft, dass die steigenden Rendite- und Spekulationserwartungen der Immobilienfirmen durch staatliche Eingriffe zu begegnen sind und gegen deren Interessen bezahlbarer Wohnraum zu schaffen ist. Es bedeutet auch eine klare Absage an die bisher unwirksame Mietpreisbremse der Großen Koalition. Das ist natürlich nicht nur ein Problem Berlins, sondern in den letzten 15 Jahren das Problem vieler Großstädte und Ballungsräume. Von den rasant steigenden Mieten und dem Fehlen bezahlbaren Wohnraumes sind Alleinerziehende, ältere Menschen, Behinderte und Geflüchtete besonders betroffen. Es fehlen Sozialwohnungen, 2018 gab es fast 43000 Sozialwohnungen weniger als 2017. Es ist außerdem wichtig zu wissen, dass Sozialwohnungen nicht ewig Sozialwohnungen bleiben, sondern in der Regel nach 30 Jahren aus der Mietpreisbindung herausfallen. Das Bündnis „Soziales Wohnen“ fordert deshalb einen konsequenten Wechsel in der Wohnungsbaupolitik. Als Minimalziel wird angegeben, dass es wieder 2 Millionen Sozialwohnungen geben müsse, das wäre der Bestand von 2007. Es sind folgende kurzfristige Maßnahmen zu treffen:

 

1.Es müssen jährlich mindestens 80000 neue Sozialwohnungen entstehen.

 

2.Es wurden im Jahre 2018 nur 2,4 Milliarden Euro an Fördermitteln vom Bund und den Ländern bereitgestellt, die Mittel müssten jährlich um rund 3,9 Milliarden Euro ausgeweitet werden auf 6,3 Milliarden Euro für mindestens 10 Jahre.

 

3.Von den Kommunen bereitgestelltes Bauland sollte den Preis von 300 Euro pro Quadratmeter nicht überschreiten, ansonsten ist ein sozialer Wohnungsbau nicht möglich.

 

4. Das Bündnis „Soziales Wohnen“ fordert zudem, Wohndiskriminierungen entgegenzutreten, das heißt, 10% aller neuen barrierefreien Wohnungen sollten Älteren, Behinderten und Demenzkranken zur Verfügung gestellt werden.

 

Ein solcher Kurswechsel in der Wohnungsbaupolitik sollte Bestandteil einer umfassenden Reformagenda sein, neben zum Beispiel massiven Investitionen in die Klimapolitik, sozialen Sicherungssysteme, öffentliche Infrastruktur und die Transformation des industriellen Sektors. Es muss von der Linken allerdings immer darauf hingewiesen werden, dass wir inzwischen an den Grenzen privater Kapitalverwertung angelangt sind und dass auf die Dauer weitere Fortschritte im ökonomischen, sozialen und umweltpolitischen Bereich nur durch grundlegende Eingriffe in die kapitalistische Wirtschaftsordnung zu haben sein werden. Das bedeutet aber, dass mittelfristig linke Reformpolitik nur mit Bündnispartnern durchzusetzen ist und Mehrheiten in der Bevölkerung zu gewinnen sind. Das muss gegen den zu erwartenden Widerstand bürgerlicher Kräfte und ihrer Medien auf demokratische Weise geschehen. Ein Vorgeschmack war die Reaktion bürgerlicher Kräfte auf den Lompscher-Entwurf. Da in unserer Gesellschaft eine tiefe soziale Spaltung existiert, kann hier ein Ansatzpunkt für eine alternative Politik gefunden werden. Es muss ein Bewusstsein für die Notwendigkeit einer grundlegenden Veränderung geschaffen werden, sowohl durch inhaltliche Vorschläge als auch durch hohe Glaubwürdigkeit der VertreterInnen einer alternativen Politik. Die kurz- und mittelfristigen Einzelforderungen, zum Beispiel im Wohnungsbau, gilt es zu einem Gesamtpaket zusammenzubringen, das auf mittlere Sicht die kritische Schwelle zu einer grundlegenden Gesellschaftsveränderung überschreitet. Es muss Mehrheitsauffassung werden, dass ein demokratischer Sozialismus eine höhere Produktivität und Effektivität, eine Überwindung der Krisenentwicklung, eine wirksamere Bekämpfung der Umwelt- und Wohnungsprobleme , mehr Mitgestaltung und mehr soziale Gerechtigkeit als im Kapitalismus erbringt.