Nachrichten aus dem Kreisverband

Mehr Fortschritt wagen aber für wen?

Peter Dr.Behnen

DR. PETER BEHNEN

DIE LINKE FREIBURG

 

DAS MOTTO DER AMPELKOALITION: MEHR FORTSCHRITT WAGEN.

 

Die neue Bundesregierung hat angekündigt, mehr Fortschritt wagen zu wollen. Die Frage muss allerdings sein, ob es bei der Ankündigung bleiben wird oder eine reale Politik des Fortschritts folgen wird? Zur Beantwortung der Frage ist es notwendig, die ökonomisch-sozialen Rahmenbedingungen unter die Lupe zu nehmen (1).

Die deutsche Volkswirtschaft ist seit 2020 in eine tiefe Krise geraten. Bereits im Jahre 2019 hatte sich im Rahmen des normalen Konjunkturzyklus eine Abschwächung der Wirtschaftstätigkeit angekündigt. Seit 2020 wurde der Konjunkturzyklus allerdings durch die Corona-Pandemie überlagert und führte dazu, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 4,6 % preisbereinigt sank. Als Reaktion auf den Einbruch in der Wirtschaftstätigkeit, verstärkt durch die Corona-Pandemie, wurden in den meisten kapitalistischen Ländern massive staatliche Ausgabenprogramme aufgelegt, finanziert durch eine gewaltige Verschuldung. Im April 2020 schätzte der Internationale Währungsfonds (IWF), dass sich international die finanziellen Ausgaben auf 8 Billionen Dollar beliefen, im Januar 2021 aber bereits schon auf 14 Billionen Dollar. Es hat sich deutlich gezeigt, dass die Funktionsfähigkeit des Kapitalismus von Interventionen des Staates abhängig ist und auch die Innovationen im Kapitalismus sich im Wesentlichen durch staatliche Eingriffe vollziehen.

Wenn die neue Bundesregierung mehr gesellschaftlichen Fortschritt will, dann wird es um eine sozialökologische Transformation und eine Digitalisierung in allen gesellschaftlichen Bereichen gehen. Hinzu kommt, dass die enormen Schäden, die die Pandemie mit sich gebracht hat und immer noch bringt durch einen massiven Einsatz öffentlicher Mittel zu bekämpfen sind. Das Schlüsselproblem wird in Zukunft die staatliche Finanzierung sein. Andererseits sind Steuern auf große Vermögen und Steuererhöhungen auf hohe Einkommen durch die FDP von Anfang an ausgeschlossen worden. Es sollen zwar bestimmte soziale Schieflagen von der Koalition angegangen werden, zum Beispiel Lohneinkommen, der Wohnungsmangel, die Kinderarmut und die Migration, aber eine Veränderung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse ist nicht geplant. Eine Umverteilung, die von der SPD und den Grünen im Wahlkampf versprochen wurde, wird nicht stattfinden. Wie unter diesen Voraussetzungen eine sozialökologische Transformation, eine Digitalisierung aller Lebensbereiche und eine Bekämpfung der Pandemie funktionieren soll bleibt das Geheimnis der Koalitionäre. Es herrscht das Prinzip Hoffnung. Dass auf mittlere Sicht das Wirtschaftswachstum wieder abflachen könnte, wird nicht einmal angedacht. Das ist die Konsequenz der Tatsache, dass die Koalitionäre kein Bewusstsein von den ökonomischen Gesetzen des Kapitalismus und ihren Folgen haben. Ohne Umschichtung bei Vermögen und Einkommen werden viele Projekte der neuen Regierung im Sande verlaufen und der proklamierte Fortschritt eine Ankündigung bleiben. Aber auch von der CDU und ihrem neuen Vorsitzenden Merz werden keine progressiven Alternativen zu erwarten sein, weil an eine radikale Abwendung von ihrer neoliberalen Grundauffassung nicht zu denken ist. Es bleibt Aufgabe der Linkspartei aus ihrer krachenden Wahlniederlage einen organisatorisch-programmatischen Aufbruch zu vollziehen, der auch einen Großteil der Wahlbevölkerung überzeugt.

(1)Siehe dazu: Sozialismus Heft 1/2022 Seite 6/7.