Nachrichten aus dem Kreisverband

Welche Zukunft hat die Linkspartei?

Peter Dr.Behnen

DR.PETER BEHNEN

DIE LINKE FREIBURG

 

HAT DIE LINKSPARTEI EINE ZUKUNFT?

Bei der Bundestagswahl 2021 konnte die Linkspartei nur deshalb in den Bundestag einziehen, weil sie trotz Verfehlen der 5-Prozent-Hürde drei Direktmandate erreichte. Bei den Wahlen im Saarland, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen 2022 gelang es nicht, die 5-Prozent-Hürde zu überspringen und in die entsprechenden Landtage einzuziehen. Es stellt sich deshalb für viele BetrachterInnen in und außerhalb der Partei die Frage, ob die Linkspartei nun in der Bedeutungslosigkeit versinkt? Richtig ist sicher, dass Wahlen und Ergebnisse der Linkspartei in den betreffenden Ländern getrennt zu betrachten sind, es ist aber notwendig, sich allgemeine Entwicklungen und Trends anzusehen, die u.a. Horst Kahrs vom der RL-Stiftung nach der Bundestagswahl 2021 dargestellt hat.(1)

Laut Horst Kahrs wurde nach der Bundestagswahl 2021 offensichtlich, dass es inzwischen für die Linkspartei um die Existenzfrage geht. Er stellt fest, dass die Stammwählerschaft der Linkspartei erodiert und nicht mehr ausreicht, die 5-Prozent-Hürde zu überspringen und die Partei flächendeckende Verluste einfährt. Sie habe versäumt, sich an gesellschaftliche und politische Veränderungen anzupassen. Die größte Rolle bei der Wahlentscheidung der WählerInnen der Linkspartei spielten die Bereiche Umwelt und Klima sowie soziale Sicherheit. Bemerkenswert sei, dass der Partei bei den Themen soziale Gerechtigkeit und Löhne einen Kompetenzverlust erlitten habe. Es gebe aber keinen wahlentscheidenden Bereich, sondern die Wahlentscheidung setzte sich immer aus verschiedenen Bereichen zusammen.

Horst Kahrs geht von einem widersprüchlichen Alltagsbewußtsein aus, wovon auch die Linkspartei stark betroffen sei. Kahrs hält sich da an empirische Beobachtungen. Allerdings wäre auf Basis der Marxschen Theorie damit zu beginnen, dass die „Alltagsreligion“, wie Marx es nennt, aufgrund der Struktur der warenproduzierenden Gesellschaft durch die Zirkulation das Bewusstsein von Freiheit und Gleichheit entsteht und das Bewusstsein der Aneignung der Mehrarbeit der Lohnabhängigen durch den Kapitalisten verdeckt wird. Eine wesentliche Rolle spielt dabei der Arbeitslohn, der ihn als Gegenwert für die Arbeitsleistung des Lohnabhängigen und nicht als Bezahlung des Wertes der Arbeitskraft erscheinen lässt. Oberhalb dieser Grundstruktur erhebt sich ein Überbau an Bewusstseinsformen, der durch Tradition, persönliche Erfahrungen, Familienstrukturen, Religion etc. gekennzeichnet ist. Hier setzt auch Horst Kahrs mit seinen empirischen Beobachtungen an. Er stellt fest, dass bei vielen Wählerinnen und Wählern

1.das Bedürfnis nach einem Neustart besteht. Es soll sich etwas ändern verschärft durch die Pandemie und den Krieg in der Ukraine.

2. das Bedürfnis nach Stabilität der eigenen Lebensverhältnisse besteht.

3. das Bedürfnis nach Normalität gegeben ist, also einerseits Veränderung und andererseits wenig Eingriffe in eigene Lebensverhältnisse,

Horst Kahrs sieht keine dominierende Sichtweise im Alltagsbewußtsein der Wählerinnen und Wähler. Das heißt für die Linkspartei, dass sie auf verschiedene Sichtweisen auch eingehen müsse. Sie müsse ihre Positionen eindeutig und einheitlich vertreten, was lediglich beim Thema Arbeitslosigkeit passiert sei aber nicht mehr bei den Themen Umwelt, Klima und Migration. Das Thema soziale Gerechtigkeit sei sogar in den Hintergrund gerückt worden. Für die Wahlentscheidung sei wichtig, wie die Partei wahrgenommen werde, ob sie auf Veränderungen der Gesellschaft reagiere, ob und wie sie Probleme wahrnehme und welche Einflussmöglichkeiten ihr zugetraut werden. Die Reaktion der Partei hätte vor allem darin bestanden, den Neoliberalismus klar abzulehnen, bei der Eurokrise und Migration uneinheitlich reagiert zu haben und eine fruchtlose Diskussion über einen angeblichen Gegensatz von Klassenpolitik und Identitätspolitik geführt zu haben. Zur Bewegung „Fridays for Future“ sei nicht eindeutig Stellung bezogen worden. Wichtig für Horst Kahrs Beobachtungen war auch die Frage, ob die Linkspartei noch als Partei der „kleinen Leute“ wahrgenommen werde. Das sei bei den Wählerinnen und Wählern inzwischen nicht mehr der Fall. Sie gehe nicht mehr auf alle Konflikte auf der Konfliktachse ein, bei konkreten Fragen sei sie beherrscht durch feste ideologische Positionen. Es kämen dadurch bei den Wählerinnen und Wählern Zweifel auf, ob es notwendig und sinnvoll sei die Linkspartei zu wählen. Horst Kahrs sieht deswegen die Notwendigkeit, glaubwürdig und entschlossen aufzutreten, alle Konfliktfelder zu bearbeiten und die Positionen der Partei durch vertrauenswürdige Personen vertreten und begründen zu lassen. Die Begründung muss glaubwürdig vermitteln, dass die Politik der etablierten Parteien an Grenzen dieser Wirtschaftsordnung stoßen wird und eine Erhaltung und Verbesserung der Lebensverhältnisse nur durch eine alternative Politik der Linken möglich sein wird. Nur wenn das gelingt, wird die Linkspartei in Zukunft politischen Einfluss zurückgewinnen können.

(1)Siehe Horst Kahrs Wahlanalyse: Die Bundestagswahl und die Existenz der Linken vom 5.10.2021. Anzusehen in YouTube.