Nachrichten aus dem Kreisverband

Über die Weltunordnung.

Peter Dr.Behnen

DR.PETER BEHNEN

DIE LINKE FREIBURG

 

ÜBER DIE WELTUNORDNUNG.

Carlo Masala, seines Zeichens Professor für internationale Politik an der Universität der Bundeswehr in München, hat einen Text über globale Krisen und das Versagen des Westens herausgegeben. Er beginnt mit der Feststellung, dass mit der Implosion der Sowjetunion 1989/90 der Beginn des Zeitalters des Friedens und der Stabilität erwartet wurde. Zu Beginn des 21.Jahrhunderts muss allerdings festgestellt werden, dass sich diese Erwartung in Luft aufgelöst hat. Masala vertritt die These, dass nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes der Westen versucht habe, international eine Weltordnung zu errichten, die seinen eigenen „Werten“ entspreche. Masala geht davon aus, dass diese Politik fehlgeschlagen sei und der Westen auch durch das Fiasko in Afghanistan (2001), im Irak (2003) oder Libyen (2011) nicht von seiner Linie abgewichen sei. Im Gegenteil, diese Politik habe mit dazu beigetragen, dass eine Welt der Unordnung entstanden sei. Masala wirft dem Westen vor, er habe sich von dem Wunsch leiten lassen, sein Modell der Weltordnung notfalls auch mit Gewalt durchsetzen zu wollen. Masala rät heute zu einer realistischen Politik. Die bestehe darin, gesellschaftliche Unterschiede zu akzeptieren und kein Machtmonopol auszuüben. Er stellt fest, dass auch der Westen und vor allem die Großmächte nicht am Allgemeinwohl interessiert seien, sondern vor allem an ihren nationalen Interessen. Insoweit ist es ein frommer Wunsch, wenn Bundeskanzler Scholz die EU als Antipode des Imperialismus und von Autokratien ansieht. Dass dem nicht so ist, zeigen die illiberalen Demokratien in Polen und Ungarn, der Rechtsradikalismus in Frankreich, Schweden und Italien und auch die AFD in der Bundesrepublik. Auch die USA und Großbritannien sind weit davon entfernt, lupenreine Demokratien zu sein, das haben wir unter Donald Trump und dem Post-Brexit-Regime erlebt. Antipoden zu Autokratien sehen anders aus. Insoweit ist auch eine Politik gegen die Autokratie Russlands bzw. gegen den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine weder in der EU noch darüber hinaus einheitlich durchsetzbar. Carlo Masala ist in dieser Hinsicht zuzustimmen, obwohl er die Weltunordnung nur in oberflächlicher Weise analysiert. Das liegt daran, dass er die ökonomischen Ursachen der weltweiten Konflikte stark unterbelichtet.

Masala spricht vom „Westen“ wenn er vom Kapitalismus sprechen müsste. Dieser entwickelt sich auf Basis bestimmter Gesetzmäßigkeiten, die die Grundlage der politischen Entwicklung und damit auch der Weltunordnung darstellen. Der Kapitalismus verläuft krisenhaft und befindet sich seit der Mitte der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts in einer strukturellen Überakkumulation. Das bedeutet, dass der Fall der gesellschaftlichen Durchschnittsprofitrate nicht mehr durch eine Steigerung der gesellschaftlichen Profitmasse kompensiert wird. Die Folge ist die Entwicklung eines Kapitalismus, in dem Kapital massiv auf die Finanzmärkte umgeleitet wird mit einer stark spekulativen Tendenz. Viele Staaten werden in diese Entwicklung einbezogen, deutlich sichtbar an der Russlandkrise 1998, Brasilienkrise 1999, Türkeikrise 2000 und Argentinienkrise 2001. Den Höhepunkt bildete die Finanzkrise 2007, die als zweite große Krise des Kapitalismus gilt und als Höhepunkt der strukturellen Überakkumulation. Politische Instabilitäten und die sogenannte Weltunordnung sind die logische Folge. Eine Lösung der ökonomischen und politische Probleme wird auf Dauer nur möglich sein, wenn die neoliberale Politik beendet und Schritt für Schritt die private Kapitalverwertung als Grundlage der Wirtschaftsordnung aufgehoben wird. Es muss auf Dauer der Aufbau einer nichtkapitalistischen Ordnung erfolgen. Dazu bedarf es allerdings eines fundamentalen Wandels in der nationalen und internationalen Politik und der politischen Kräfteverhältnisse zu Gunsten der großen Mehrheit der Bevölkerungen. Eine glaubwürdige und glaubwürdig vertretene wirtschaftsdemokratische und allgemein politisch-soziale Orientierung muss angestrebt werden. Dass das keine Utopie bleibt, daran hat die demokratische Linke kräftig zu arbeiten.