Nachrichten aus dem Kreisverband

Was ist ein Doppel-Wumms und welche Folgen hat er?

Dr. Peter Behnen

DR.PETER BEHNEN

 

DIE LINKE FREIBURG

 

 

WAS iST EIN „DOPPEL-WUMMS“ UND WELCHE FOLGEN HAT ER? (1)

 

Der Bundeskanzler gebrauchte eine Bezeichnung, die an ein Konjunkturpaket erinnert, das aus der Corona-Krise 2020 führen sollte. Damals wollte er mit einem „Wumms“ aus der Krise herauskommen. Heute spricht Bundeskanzler Scholz von einem „Doppel-Wumms“ und meint damit einen Abwehrschirm von insgesamt 300 Mrd. Euro, um die Folgen der Energiekrise für die BürgerInnen und Unternehmen abzumildern. Eingerechnet bei dieser Summe sind alle bisher vorgelegten Entlastungspakete. Bemerkenswert ist, dass selbst Bundesfinanzminister Lindner (FDP) dem Paket zustimmt, um auf den „Energiekrieg um Wohlstand und Freiheit“ zu reagieren. Dahinter dürfte die Sorge stehen, dass eine weitere Verschärfung der höchst ungleichen Verteilung der Vermögen, des Eigentums und der Einkommen zu schweren sozialen Unruhen führen könnte. Eine weitere Politik für Reiche und Besserverdienende im Sinne Lindners wäre dann in Frage gestellt. Dass die Sorge Lindners nicht unberechtigt ist, das machen die Ergebnisse einer großen Umfrage der Bundesregierung im Rahmen des Jahresberichts des Ostbeauftragten der Bundesregierung Carsten Schneider (SPD) deutlich:

 

-Nur 39% der Ostdeutschen sind zufrieden mit der Demokratie, die Westdeutschen nur noch zu 59%.

 

-PolitikerInnen haben das Wohl des Landes im Auge, das meinen nur 32 % der Ostdeutschen und nur 42% der Westdeutschen.

 

-Mit der Politik der Bundesregierung sind nur 26% der Ostdeutschen zufrieden, bundesweit sind es nur 35%.

 

- Sozialen Gerechtigkeit sehen nur 23% der Ostdeutschen verwirklicht und 33% der Westdeutschen.

 

Die Ergebnisse machen deutlich, dass die Distanz vieler BürgerInnen zur politischen Klasse erheblich ist. Insoweit ist verständlich, dass die offizielle Politik durch einen „Doppel-Wumms“ die Situation entschärfen will. Folgende Maßnahmen sollen ergriffen werden:

 

1.Eine Gaspreisbremse, die privaten Verbrauchern und Unternehmen einen temporären Schutz bieten soll.

 

2.Der Gasverbrauch soll reduziert werden, indem nur ein Grundverbrauch subventioniert werden soll und für einen höheren Konsum Marktpreise gelten sollen.

 

3.Für Unternehmen, die Gasimporteure sind, soll es eine Auffanglösung geben, wodurch die heftig diskutierte Gasumlage entfällt.

 

4.Es soll eine Strompreisbremse geben, die durch sogenannte Zufallsgewinne von Nicht-Gas-Kraftwerken zu finanzieren ist. Dadurch sollen BürgerInnen und Unternehmen entlastet werden.

 

5.Unternehmen, die von der Gaspreisbremse und Strompreisbremse nicht erfasst werden, sollen die Möglichkeit erhalten, Eigenkapital- und Liquiditätshilfen zu bekommen

 

Die Frage ist allerdings, wie all die Maßnahmen zu finanzieren sind?

 

Herangezogen werden soll der Wirtschaftsstabilitätsfonds (WSF), der bereits zur Unterstützung von Unternehmen in der Corona-Krise geschaffen wurde. Er wird mit einem Kreditvolumen von 200 Mrd. Euro ausgestattet und die verfassungsmäßig festgelegte Schuldenbremse mithilfe einer Ausnahmeklausel umgangen. Da Finanzminister Lindner aber weiterhin auf der Schuldenbremse beharrt, unterscheidet er nun zwischen der Krisenbekämpfung einerseits und der stabilitätsorientierten Haushaltspolitik andererseits. Der Ausnahmezustand, das heißt die weitere Staatsverschuldung oberhalb der verfassungsmäßigen Obergrenze, muss nach Lindner 2023 beendet werden. Mit dieser Position Lindners ist schon jetzt ein weiterer politischer Konflikt absehbar. Der wird aber auch kommen wegen der noch nicht geklärten Einzelfragen, die mit dem Wirtschaftsstabilitätsfonds verbunden sind. Erstens ist die Tilgung der gigantischen Neuverschuldung nicht geregelt. Ferner ist weiter offen, wie die Gas- und Strompreisbremse genau ausgestaltet werden soll, ebenso wie es gelingen soll, eine Ausweitung des Energieangebotes zu erreichen. Unklar ist außerdem, wie ein beschleunigter Ausbau der regenerativen Energie vonstattengehen soll. Über einen EU-weiten Gaspreisdeckel, der von verschiedenen EU-Ländern gefordert wird, ist noch keine Einigung erzielt worden, insbesondere deshalb, weil bei importiertem Gas es Ausnahmen für die EU-Länder geben muss, die besonders von Erdgasimporten aus Russland abhängig sind.

 

Insgesamt zeigt sich also, dass es nicht nur um eine nationale und internationale Energiekrise geht, sondern auch um einen Kampf um grundlegende Eingriffe und Korrekturen in die Wirtschafts-Sozial- und politische Ordnung geht. Diesen Kampf gilt es von Seiten der Linken im Interesse der Lohnabhängigen, EmpfängerInnen von sozialen Leistungen und Menschen ohne jede soziale Absicherung und gegen dominierende Kapitalinteressen mit ihrer neoliberalen Orientierung zu führen.

 

(1)Die Grundlage dieses Aufsatzes ist der Aufsatz von J. Bischoff in Sozialismus Aktuell vom 30.9.22